Sonntag, Dezember 6

Corona wirkt!

Wie den meisten habe auch ich Covid 19 als das angesehen was es ist, eine riesige Gefahr für die Menschheit, die noch lange nicht gebannt ist. Wie die meisten habe ich daher auch den ersten Lockdown als vernünftige und richtige Entscheidung gesehen und mich an alle Regeln gehalten. Ja und wie bei den meisten war auch bei mir im Sommer die Hoffnung sehr groß, dass die Menschen vernünftig genug sind sich so lange einzuhalten, bis die Gefahr gebannt ist. Das Gegenteil ist der Fall! Ich bin kein Experte und maße mir daher auch kein Urteil über richtig und falsch an. Die Fehler sind meiner Meinung nach gut verteilt und liegen in allen Bereichen der Gesellschaft. Bei uns selbst und bei jenen die die Maßnahmen treffen in deren Haut ich aber nicht stecken möchte. Es an dieser Stelle also nicht über die wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Auswirkungen der Corona-Krise geschrieben werden. Das Thema in meinem privaten Blog ist ein anderes:

Wie geht es dem Einzelnen, wie geht es mir und meiner Familie damit?
So steht es an unserer Haustüre!
Zuerst einmal beobachtet man die Entwicklung aus einer gewissen Distanz! Die Sorgen um die eigene Gesundheit sind überschaubar, obwohl man mit 71 Jahren der Risikogruppe zugeordnet wird. Trifft bei mir aber nicht zu, glaube ich in trügerischer Sorglosigkeit, bin ja begeisterter Läufer, viel in der Natur und habe mein Rheuma erfolgreich besiegt. Existenzsorgen gibt es auch keine, da meine Frau und ich bereits in Pension sind!

Gedanken macht man sich allerdings um die Angehörigen, im konkreten Fall einmal um die Familien der Töchter, die lange Zeit in Kurzarbeit waren und nun wieder sind und deren Zukunft unter Umständen auf wackligen Beinen steht. Und Gedanken muss ich mir auch um meinen - im Dezember 2018 schwerst erkrankten - Bruder machen, der nach langem Krankenhaus-Aufenthalt seit dem Vorjahr in einem Pflegeheim untergebracht ist. Seine Abwehrkräfte sind schwach und Heiminsassen bekanntlich gefährdet.
Gedanken musste ich mir aber ganz besonders um meine betagte Mutter machen, die alleine in einer Wohnung wohnt, ein Heim kategorisch ablehnt. Dies sicher auch deshalb, weil sie sich seit jeher weigert alt zu werden. Das kann Vorteil und Hindernis zugleich sein!

So und jetzt zum Grund der Überschrift!
Wie erwähnt ist meine Mutter eine betagte Frau, die sich gut gehalten hat, die aber zunehmend schwächelt. Sie nimmt wohl regelmäßige Hilfe in Anspruch, eine durchgehende Betreuung akzeptiert sie nicht, ein Heim schon gar nicht! Meine Besuche bei ihr wurden immer öfter da sich die Notsituationen häuften. Zuletzt als sie an zwei Tagen hintereinander mehrmals in der Wohnung stürzte und eine Untersuchung im Krankenhaus wie gewohnt ablehnte. Am Tag darauf ging es nicht mehr anders, sie musste ins Klinikum. Die behandelnde Ärztin informierte mich recht bald darüber, dass sie Covid 19 positiv getestet wurde und bald darauf auch, dass es nicht gut um sie bestellt sei. Da wir mit meiner Frau ständig in ihrer Wohnung und somit in ihrer Nähe waren wurden wir als Kontaktperson 1 eingestuft und in Quarantäne gestellt. Wir hatten keine Möglichkeit sie zu besuchen!

Schönere Zeiten mit Bruder und Mutter
So machte sich unsere älteste Tochter vergangenem Sonntag auf dem Weg ins Krankenhaus. Sie sprach liebevoll mir ihr und gab ihr die Gewissheit mit, dass ihre Familie in ihrer Nähe sei (waren wir ja, mittels Telefon). Kurz danach verstarb meine Mutter. 
Am selben Tag erfuhr ich, dass ich - aufgrund der vielen Kontakte zu ihr - positiv getestet bin. Meine Frau ist es seit ein paar Tagen. Die Symptome wechseln ständig von grausam bis erträglich. In Summe kann man gerne darauf verzichten.
In Anbetracht der Situation wird es nur eine Urnenbeisetzung im kleinen Familien-Kreis geben und am Tag davor eine Möglichkeit zur Verabschiedung für Freunde und Bekannte. Anders geht es in Zeiten wie diesen nicht. So oder so ist es bitter zu wissen, dass innerhalb von nur zwei Jahren an Weihnachten schon wieder ein geliebter Mensch aus unserer Mitte fehlen wird.

Fazit:
Man fühlt sich lange nicht betroffen. Einerseits, weil man - wie meine Mutter - glaubt, warum ich? Tatsache ist, es kann sehr schnell gehen und es kann jeden erwischen. Egal ob jung oder alt, gesund oder angeschlagen. Daher meine Erfahrung: Ja - Corona wirkt - und wie! Umso verständlicher meine Bitte: Schützt euch, schützt andere. Tragt Maske und haltet Abstand. Nur so haben wir die Möglichkeit, dass sich die Hoffnungen für das Jahr 2021 erfüllen! Bleibt gesund!!

Nachtrag am 15. Dezember 2020
Meine Mutter hat eine in Wien lebende Schwester, die gleichzeitig auch meine Lieblingstante ist und mit ihren 97 Jahren noch immer quietschvergnügt unterwegs war. War, genau! Denn nur zehn Tage nach dem Ableben meiner Mutter hat das Virus ihr Leben beendet. Auch sie wird mir fehlen!
Zwischenzeitlich haben wir meine Mutter verabschiedet. Im kleinen, familiären Kreis und mit meinem Lieblingspfarrer. In Kooperation mit meinen Töchtern haben wir ihr einen sehr stimmigen Abschied bereitet, mit einem ehrlichen Rückblick von mir, einem wunderbaren Gedicht unserer Ältesten und gefühlvoller Musik. Den Gaben nach zu schließen waren am Tag davor etliche Personen an ihrem Sarg, um ihr die letzte Ehre zu erweisen. Danke!

4 Kommentare:

  1. Lieber Reinhard,

    es tut mir unendlich leid, dass Du/Ihr einen geliebten Menschen aus der Familie verloren habt. Ich hoffe Du und Deine Frau übersteht die Infektion ohne Komplikationen.

    Ich darf Deinen Appell unterschreiben, denn auch ich hatte im Oktober die Infektion durchgemacht und leide noch immer unter einer enormen Leistungsminderung.

    Halte die Ohren steif und werde/bleib gesund

    Salut

    Christian

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    1. Lieber Christian!
      Vielen Dank für deine aufmunternden und tröstenden Worte, die in dieser Phase gut tun!

      In solchen Zeiten bin ich froh eine gute und intakte Familie um mich herum zu haben, sie zunehmend größer wird und mir viel Freude bereitet. So lässt sich die "Dauerbeschallung" durch familiäre Schicksale, die Tragödie um meinen Bruder und die damit verbundene Schwächung meiner Mutter leichter ertragen, die immer wieder viel von meiner Energie abverlangen. Zusätzlich bin ich froh im Laufen einen Ausgleich zu haben und grundsätzlich positiv gestimmt zu sein. Was nicht immer leicht ist.

      Ich habe schon gehört, dass viele Menschen über eine lang anhaltende Schwächung nach einer Corona-Erkrankung klagen. Ich bin einmal gespannt was in meinem Fall noch so kommt. Es waren sehr unterschiedliche Auswirkungen, besonders brutal waren dabei die Gelenkschmerzen! Positiv ist jedenfalls, dass die "Absonderung" seit gestern Mitternacht aufgehoben ist.
      Meine Frau zeigt weniger Symptome. Ich habe ihr erklärt, dass ihr - wenn sie es so lange mit mir aushält - das Virus auch nichts anhaben kann. Ich denke, mehr als die 10-Tages-Frist wird sie nicht brauchen!

      Dir und deiner Familie alles Gute!
      Herzliche Grüße - Reinhard

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  2. Lieber Reinhard, puh, das sind keine guten Neuigkeiten, tut mir leid, von dem Tod deiner Mutter zu lesen.

    Dein Appell ist durchaus berechtigt, auch ich (wir) distanzieren mich weitestgehendst von allen, leider auch von derzeit außerhalb wohnender Familie und sehr lieb gewonnenen Freunden, weil wir genauso denken wie du und deine Frau es leider erfahren müssen. So wird einem wieder bewusst, dass es auch Menschen trifft, die Sport treiben und viel an der frischen Luft sind, kein Freibrief für uns - leider !

    Wünsche euch beiden, dass ihr es gut übersteht und keine ernsthaften Folgen davon tragen müsst.

    Alles, alles Gute für dich und deine Frau, möge dieser Spuk bald zu Ende sein !

    Schicke dir mal anbei ein Paket frischer Seeluft, die hilft bestimmt !

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    1. Liebe Margitta!
      Danke, dass du mir mit deinen lieben Zeilen tröstende Worte schickst. Tut gut!

      Ja, man ist schon versucht zu glauben, dass man mit Sport und viel frischer Luft vor Erkrankungen gefeit ist. Ich denke, ist man auch, zumindest geht man dann besser um! Denn in meinem Fall war es ja eindeutig der intensive Kontakt zu meiner Mutter in den letzten Tagen! Tatsache ist, dass man wirklich vorsichtig sein muss! Es kann so schnell gehen!

      Seit heute geht es mir besser und in den nächsten Tagen gibt es eh viel zu tun!
      Die Brise frischer Meeresluft ist eine sympathische Idee die ich gedanklich in vollen Zügen genießen werde.

      Herzliche Grüße und alles Gute - Reinhard

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